Zugunglück: Zwei Meridian-Züge bei Bad Aibling zusammengestoßen

Am Dienstag (09.02.) gegen 6:48 Uhr kam es bei Bad Aibling zu einem schweren Zugunfall. Zwei Meridian-Züge sind dabei frontal zusammengestoßen. Ob der Unfall, wie einige Medien berichten, tatsächlich auf menschliches Versagen im Stellwerk Bad Aibling zurückzuführen ist, bleibt abzuwarten.


Am Dienstag (09.02.) gegen 6:48 Uhr kam es auf dem rund 4 Kilometer langen eingleisigen Streckenabschnitt zwischen Bad Aibling und Kolbermoor zu einem Unfall bei dem zwei Regionalzüge frontal zusammengestoßen sind. Es handelt sich um Meridian-Züge des französischen Eisenbahnunternehmens Transdev, zu dem die Bayerische Oberlandbahn (BOB) gehört. Die beiden Fahrzeuge sind ineinanderverkeilt und teils entgleist.

Nach aktuellen Angaben der Bundespolizei kamen dabei zehn Menschen ums Leben, 88 Personen wurden verletzt, davon neun schwerst und acht schwer. Wie mittlerweile bestätigt wurde, sind unter den Toten auch die Zugbegleiter und Lokführer der beiden Züge. (Update 12.02.: Der Lokführer, der seit dem Zugunglück zwei Tage lang im Koma lag, ist am Donnerstag seinen schweren Verletzungen erlegen. Er ist damit das elfte Todesopfer dieser Tragödie.)

Die 37 km lange Strecke zwischen Holzkirchen und Rosenheim, die von der DB Netz AG betrieben wird, ist derzeit gesperrt. Der Unfall ereignete sich im Streckenabschnitt Bad Aibling–Kolbermoor. Das Notfallmanagement der DB und Rettungskräfte sind vor Ort.

Ein schreckliches Bild bot sich den Rettungskräften vor Ort

Der Verkehr auf der Mangfalltalbahn ist eingestellt. Für die Meridian-Züge fahren Busse im Schienenersatzverkehr, mindestens den ganzen heutigen Dienstag.

Strecke mit PZB-Zugsicherung ausgerüstet

Nach Angaben der Deutschen Bahn, ist die Strecke grundsätzlich für Geschwindigkeiten bis 120 km/h zugelassen und technisch mit einer Punktförmigen Zugbeeinflussung (PZB) gesichert. Hierbei handelt es sich um ein Sicherungssystem, dass das unerlaubte Vorbeifahren an Halt zeigenden Signalen verhindern soll und einen Zug durch eine Zwangsbremsung zum Halten zwingt.

Die PZB umfasst sowohl infrastruktur- als auch fahrzeugseitige Einrichtungen, die über die Gleis- und Fahrzeugmagneten zusammenwirken. Das heute verwendete und weiterentwickelte Betriebsprogramm PZB 90 geht auf das in den 1930er Jahren entwickelte Induktive Zugsicherungssystem (Indusi) zurück.

PZB-Gleismagnet
PZB-Fahrzeugmagnet

Die Punktförmige Zugbeeinflussung ist eine verdeckt arbeitende Zugbeeinflussung. Sie arbeitet in der Regel mit Signalen zusammen und stellt sicher, dass der Triebfahrzeugführer die mit den Signalen vermittelten Informationen in seinem Fahrverhalten richtig umsetzt. Das System arbeitet dabei mit induktiv koppelnden Gleis- und Fahrzeugmagneten der Dreifrequenzbauart (500 Hz, 1000 Hz und 2000 Hz). Diese Gleismagneten sind dabei in der Regel an Vorsignalen, Hauptsignalen und rund 250 Meter vor Hauptsignalen installiert. Kommt es zu einer Nichtbeachtung von Signalen oder Geschwindigkeiten an einer überwachten Stelle der Strecke, so reagiert das System mit einer PZB-Zwangsbremsung.

Die auf der betreffenden Strecke verbaute PZB-Einrichtung sei erst vor rund einer Woche technisch überprüft worden, sagte der Konzernbevollmächtigte der Deutschen Bahn für Bayern, Klaus-Dieter Josel. Dabei habe es keine Probleme gegeben.

Trauer und Bestürzung bei Bahnunternehmen und Politik

„Der Unfall ist ein riesen Schock für uns. Wir tun alles, um den Reisenden, Angehörigen und Mitarbeiter zu helfen“, so Bernd Rosenbusch, Geschäftsführer der Bayerischen Oberlandbahn GmbH, die den Meridian betreibt. „Wir waren schnell vor Ort und konnten uns ein Bild des schweren Zusammenstoßes machen. Unser Dank gilt den Einsatzkräften und Mitarbeitern, die so schnell Hilfe geleistet haben“, so Fabian Amini, der technische Geschäftsführer.

Die Transdev-Gruppe zeigt sich tief erschüttert von dem schweren Zugunglück bei Bad Aibling und spricht allen Betroffenen ihr Mitgefühl aus. „Wir sind zutiefst erschüttert und fassungslos, dass so etwas passieren konnte“, sagt Christian Schreyer, Vorsitzender der Geschäftsführung der Transdev GmbH. „Unsere Gedanken sind jetzt bei den Opfern und den Angehörigen der Verunglückten. Im Namen von Transdev möchte ich allen Betroffenen unser aufrichtiges Mitgefühl und tief empfundenes Beileid ausdrücken. Die Rettungskräfte vor Ort tun ihr menschenmögliches, um an der unzugänglichen Stelle Hilfe zu leisten.“

DB-Chef Dr. Rüdiger Grube zum Zugunglück bei Bad Aibling: Wir sind tief bestürzt über den Unfall. Den Verletzten und den Angehörigen der Unfallopfer gehört unser tiefes Mitgefühl. Ich habe bereits der Bayerischen Oberlandbahn GmbH meine Betroffenheit zum Ausdruck gebracht. Selbstverständlich unterstützen wir die ermittelnden Behörden bei der Aufklärung der Unfallursache. Ich möchte den Rettungskräften und allen Helfern vor Ort für ihren schweren Einsatz ausdrücklich danken.“

Bayerns Ministerpräsident Horst Seehofer (CSU) hat sich tief betroffen über das Zugunglück gezeigt. Laut Mitteilung der Staatsregierung sagt er: „Ich bin bestürzt und tief betroffen. Meine Gedanken sind bei den Opfern dieser schweren Katastrophe und ihren Angehörigen, denen ich mein tiefes Mitgefühl ausspreche. […] Das ist eine Tragödie für unser ganzes Land, die uns mit Trauer und Entsetzen erfüllt.“

Bayerns Innen- und Verkehrsminister Joachim Herrmann ist bestürzt über das schwere Zugunglück und machte sich vor Ort ein Bild von der Unfallstelle, den Stand der Bergungsarbeiten und den Ursachenermittlungen. „Das sind schockierende Bilder, mit denen unsere Einsatzkräfte konfrontiert waren. Es handelt sich um eines der schwersten Zugunfälle in der Geschichte Bayerns. Wir werden alles unternehmen, um den Unfallhergang und die Ursache restlos aufzuklären. Die Ermittlungen von Eisenbahnbundesamt, Bundespolizei und der Kriminalpolizei laufen unter Leitung der Staatsanwaltschaft Traunstein auf Hochtouren. Unsere Gedanken sind bei den Toten, Verletzten und deren Angehörigen. Mein besonderer Dank geht an die knapp 700 Einsatzkräfte, die vor Ort Unglaubliches bei der Menschenrettung geleistet haben. In kürzester Zeit haben die Kolleginnen und Kollegen unter schwierigsten Bedingungen den Rettungseinsatz organisiert, viele davon ehrenamtlich. Sogar aus dem österreichischen Nachbarland Tirol kam Unterstützung.“

Bundeskanzlerin Angela Merkel äußerte sich ebenfalls: „Ich bin bestürzt und traurig über das schwere Zugunglück heute Morgen bei Bad Aibling. Mein Mitgefühl gilt vor allem den Familien der neun Menschen, die dabei ihr Leben verloren haben. In Gedanken bin ich auch bei den zahlreichen Verletzten, die mit den Folgen des Unglücks ringen. Ich wünsche Ihnen eine schnelle und möglichst vollständige Genesung. Wir alle haben den Einsatz- und Rettungskräften aus der ganzen Region, die sich unter schweren Bedingungen um die Verunglückten gekümmert haben, für ihre unermüdliche Arbeit zu danken.“

Informationen von der Pressekonferenz

Wie Bundesverkehrsminister Alexander Dobrindt (CSU) auf einer Pressekonferenz in Bad Aibling sagte, bot sich an der Unglücksstelle ein erschreckendes Bild. Die Lokführer hatten in der Kurve vor dem Zusammenprall offenbar keinen Sichtkontakt. Beide Züge sollen mit sehr hoher Geschwindigkeiten ineinander gerast sein.

Ermittlungen aufgenommen

Die Eisenbahn-Unfalluntersuchungsstelle des Bundes (EUB) hat die Zugkollision als Unfall gemäß Artikel 19 Abs. 1 der europäischen Sicherheitsrichtlinie eingestuft. Die unabhängige Stelle zur Untersuchung von gefährlichen Ereignissen im Eisenbahnbetrieb ist derzeit mit der Untersuchung der Unfallursache vor Ort beschäftigt.

Die polizeilichen Ermittlungen erfolgen unter Leitung der Staatsanwaltschaft Traunstein. Der Leitende Staatsanwalt Wolfgang Giese warnte davor, aus einzelnen Ermittlungsergebnissen voreilig Schlüsse zu ziehen. Es werde sowohl mit Blick auf technische Probleme als auch zu möglichem menschlichen Versagen ermittelt.

Suche nach der Unfallursache (Update vom 12.02.)

Update vom 12.02.: Die Ursache des Zugunglücks ist weiterhin unklar. Wie verschiedenen Medien am Abend des 09.02. berichteten und aus Ermittlerkreisen erfahren haben wollen, könnte das Unglück möglicherweise auf menschliches Versagen zurückzuführen sein. Laut einem Bericht der „Märkischen Allgemeinen“, könnte der Fahrdienstleiter im Stellwerk Bad Aibling eine verhängnisvolle Fehlentscheidung getroffen haben um einem verspäteten Zug „quasi von Hand durchzuwinken“. Eine offizielle Bestätigung hierfür gibt es bislang allerdings nicht. Seitens der Polizei heißt es dazu nur, es werde in alle Richtungen ermittelt.

Einem „Spiegel“-Artikel vom 12.02. zufolge, soll der diensthabende Fahrdienstleiter kurz vor dem Zusammenprall noch versucht haben, die beiden Züge per Notruf zu stoppen. Ein erster Notruf soll die Lokführer der beiden Züge demnach noch erreicht haben. Der zweite Notrufversuch sei offensichtlich nach der Kollision erfolgt.

Einem Sprecher des Eisenbahn-Bundesamtes (EBA) zufolge wird der Zugfunkverkehr zwischen dem Stellwerk und den Triebwagenführern ausgewertet und ist Bestandteil der Ermittlungen.

Für Angehörige hat der Meridian unter der Telefonnummer 0395 43084390 eine zentrale Hotline eingerichtet. Auch die Bundespolizei Oberbayern hat eine Telefon-Hotline unter 08031 2000 freigeschaltet.


Letzte Aktualisierung: 12.02.2016, 20:25 Uhr

Artikelfoto: Symbolbild

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