S-Bahn-Netz Nürnberg: National Express steigt aus Vergabeverfahren aus

Symbolbild: Ein Eletrotriebzug vom Typ Talent 2. (Foto: © National Express)
Symbolbild: Ein Eletrotriebzug vom Typ Talent 2. (Foto: © National Express)

National Express wird aus dem Verfahren zur Vergabe des Nürnberger S-Bahn-Netzes aussteigen. Als Grund wird die Verzögerung durch das laufende Gerichtsverfahren genannt. Eine kurzfristige Betriebsaufnahme mit angebotenen Neufahrzeugen sei nicht mehr zu gewährleisten und verursache zusätzlich unverhältnismäßig hohe Kosten, teilte das Unternehmen der BEG mit.


Der Bieter National Express Rail GmbH (NX) hat der Bayerischen Eisenbahngesellschaft (BEG) mitgeteilt, dass er seine beiden Angebote für die Lose 1 und 2 im Vergabeverfahren S-Bahn Nürnberg nicht weiter aufrechterhalten kann. Nach Aussagen von NX sei aufgrund der durch die anhaltenden gerichtlichen Verfahren bedingten gravierenden Verzögerung der Zuschlagsentscheidung eine Betriebsaufnahme im Dezember 2018 mit den von NX angebotenen Neufahrzeu­gen nicht mehr zu gewährleisten. Außerdem würden durch eine derart kurzfristige Betriebsaufnahme unverhältnismäßig hohe zusätzliche Kosten entstehen.

Die BEG ist nun angehalten, unter Nichtberücksichtigung der beiden Angebote von National Express eine neue Angebotsauswertung vorzunehmen und das wirtschaftlichste Angebot zu ermitteln. Dies bedeutet allerdings nicht, dass die DB Regio, die gegen die Vergabeentscheidung an NX juristisch vorgegangen ist, automatisch den Zuschlag erhalten wird. Die BEG strebt an, bis Ende des Jahres eine neue Vergabeentscheidung getroffen und entsprechende Gremienbeschlüsse über die Vergabe herbeigeführt zu haben.

Dass die Entscheidung der BEG, dem Bieter NX den Zuschlag für die Verkehrs­leistungen der S-Bahn Nürnberg erteilen zu wollen, fehlerfrei getroffen wurde und folgerichtig war, hatte zuletzt die Vergabekammer Südbayern in ihrem Beschluss vom 27.07.2016 bestätigt (Bahnblogstelle berichtete).

Statment von National Express

Im Eisenbahnforum „Drehscheibe Online“ äußert sich Tobias Richter, Geschäftsführer der National Express Holding GmbH, verärgert über die Uneinsichtigkeit der Deutschen Bahn, die bisherigen Entscheidungen zu akzeptieren. Der jetzige Schritt sei nötig, da ein Ende des Rechtsstreits nicht absehbar sei, heißt es.

„Inzwischen ist so viel Zeit ins Land gegangen, dass der geforderte Betriebsstart im Dezember 2018 schlicht unmöglich geworden ist. Kein Fahrzeughersteller der Welt ist in der Lage, bis dahin die erforderlichen Neufahrzeuge in ausreichender Stückzahl zu liefern. Eine mögliche Verschiebung des Betriebsstarts birgt zudem weitere juristische Risiken und wird die DB veranlassen, erneut dagegen gerichtlich vorzugehen.

Gleiches gilt jedoch auch für eine Beibehaltung des geforderten Betriebsstarts im Dezember 2018, dann mit Altbaufahrzeugen. Die DB als einziger möglicher „Lieferant“ dieser Gebrauchtzüge wird die Gestellung der Fahrzeuge schlicht verweigern, oder aber am Ende einen horrenden Preis dafür verlangen. Wer soll diesen bezahlen?

Abgesehen dafür sind Altbaufahrzeuge ohne Klimaanlage nicht geeignet, die künftigen Erlöserwartungen von NX zu erfüllen. Auch stehen Mehrkosten für zusätzliche Mitarbeiterschulungen und Instandhaltung in unbekannter Höhe an.

Da die Risiken für das Unternehmen dadurch von Tag zu Tag größer werden, und ein börsennotiertes Unternehmen bei der Bewertung von Risiken in einer besonderen Pflicht steht, hat NX entschieden, das aktuelle Projekt S-Bahn Nürnberg nicht weiter zu verfolgen.“

Aber der NX-Chef richtet sich auch mit persönlichen Worten an die Leser:

„Ich danke sehr herzlich der BEG, die fehlerfrei agiert hat, allen Kolleginnen und Kollegen in Deutschland und GB, unseren vielen Freunden in Eisenbahnerkreisen, in Politik und Gesellschaft, die dieses Verfahren mit sehr viel Sachverstand und Leidenschaft vorangetrieben haben oder aber uns geistig und moralisch Mut zugesprochen haben. Dabei waren erfeulicherweise CSU und Grüne in Bayern einer Meinung, was nicht häufig vorkommt.

Ausdrücklich keinen Dank verdient haben die Lokalpolitiker einer einzelnen Partei und Aktivisten einer einzelnen Gewerkschaft, die in der Öffentlichkeit beständig mit völlig unsachlichen Argumenten gegen NX geschossen haben – und deren öffentliche Sprachrohre, die sich hierfür missbrauchen ließen, denn:

Wenn die BEG jetzt den Vertrag für die Nürnberger S-Bahn an die zweitplatzierte DB Regio vergeben würde, dann muss sie über die Vertragslaufzeit Medienberichten zufolge weit mehr als 100 Millionen Euro zusätzlich für exakt die gleiche Leistung als Zuschuss bezahlen – Geld, dass die BEG nicht in ihrem Keller drucken kann. Dann muss woanders gespart werden, z.B. bei der Abbestellung von Abend- und Wochenendleistungen.

Die Zeche wird nicht nur der treue Bahnkunde bezahlen müssen, sondern auch der Steuerzahler. Diese dürfen sich dafür bei den oben genannten einzelnen Lokalpolitikern und einzelnen Gewerkschaftlern bedanken.

Wenn es Methode wird, so lange gegen eine Vergabe zu klagen, bis der hoffnungsvolle Bestbietende klein beigibt, dann ist unser öffentliches Vergaberecht in Deutschland dem Niedergang geweiht.

Eine Aufhebung des aktuellen Verfahrens und ein Neustart der Ausschreibung S-Bahn Nürnberg wäre die einzige faire Lösung.“

Deutsche Bahn hat weiterhin Interesse

Auf Nachfrage des Bayerischen Rundfunks machte ein Bahnsprecher deutlich, dass man auch weiterhin zu seinem Angebot, die Nürnberger Netze betreiben zu wollen, stehe. Die Entscheidung von National Express zum jetzigen Zeitpunkt sei für DB Regio sehr überraschend gekommen. Die Deutsche Bahn wolle nun prüfen, was dies für die Ausschreibung der S-Bahn Nürnberg bedeute.


Letzte Aktualisierung: 25.10.2016, 13:55 Uhr

(red/BEG/National Express)

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