Thales und AVG wollen autonom fahrende Stadtbahn entwickeln

Der Technologieanbieter Thales Deutschland und die Albtal-Verkehrs-Gesellschaft (AVG) haben auf der Bahntechnikmesse InnoTrans in Berlin eine Vereinbarung unterzeichnet, die die Zusammenarbeit beider Unternehmen in einem gemeinsamen Projekt für autonomes Fahren regelt. Zusammen wolle man eine autonom fahrende, elektrische Stadtbahn entwickeln.


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In einer ersten Phase wollen die Vertragspartner bis Ende des Jahres auf dem Betriebshof der AVG-Schwester Verkehrsbetriebe Karlsruhe im Rheinhafen Testfahrten in zwei sich steigernden Levels (GoA 3 und GoA 4) durchführen. Die Levels beschreiben den Grad der Automatisierung. In Level 3 fahren die Züge begleitet, aber fahrerlos. Statt einer ständigen Kontrolle durch einen Fahrer gibt es nur noch einen Zugbegleiter, der die Türsteuerung übernimmt und über ein Notfall-Bedienfeld den Zug auch bewegen könnte. In Level 4 soll der Zug testweise vollautomatisch ohne Fahrer unterwegs sein. Alle Operationen seien in dieser Stufe automatisiert. Ein Eingriff in den Zugbetrieb sei jedoch aus der Leitstelle möglich.

In einer zweiten Phase sollen die unterschiedlichen installierten Thales-Lösungen auch außerhalb des Depots und in Zusammenarbeit mit dem Karlsruher Institut für Technologie (KIT) getestet werden. Laut AVG verfolge man das Ziel, die getesteten Module mittelfristig zur Serienreife und Zulassung zu bringen.

Mit autonom und elektrisch fahrenden Fahrzeugen, die keinen Fahrdraht brauchen, wolle die AVG neue Einsatzbereiche erschließen. „Wir können dann dazu beitragen, wirtschaftliche Schienenverkehrsangebote auf Strecken im ländlichen Raum anzubieten, die bisher nicht ausreichend oder gar nicht bedient werden können. Es geht jedoch nicht darum, unser gut ausgebildetes Fahrpersonal zu ersetzen“, sagt Ascan Egerer, technischer Geschäftsführer der AVG. „Durch den emissionsfreien öffentlichen Nahverkehr leisten wir einen starken Beitrag zum Umweltschutz.“ Die AVG will ihre Erfahrung in der Entwicklung neuer Fahrzeugkonzepte und deren Einsatz in der Praxis jetzt in das Konsortium einbringen, um gemeinsam mit den Partnern die Idee einer autonom fahrenden, elektrischen Stadtbahn, in die Realität umzusetzen und geeignete Einsatzbereiche zu definieren. Auch ein teilweise fahrdrahtunabhängiger Betrieb sei Teil des Gesamtprojekts. „Damit wollen wir nach der Entwicklung des TramTrains für das Karlsruher Modell erneut Pionierarbeit leisten“, so Egerer.

„Das Projekt in Karlsruhe ist für uns ein sehr bedeutender Schritt in Richtung des autonomen Zuges in Deutschland“, erklärt Dr. Yves Joannic, Geschäftsführer von Thales Deutschland und in dieser Funktion verantwortlich für das Bahn-Segment. „Wir haben über 130 Jahre Expertise beim Thema Sicherung und Signalisierung des Eisenbahnverkehrs. Innovation ist dabei seit jeher unsere treibende Kraft. Wir kombinieren klassische Produkte mit neuen, innovativen Technologien, um unsere Kunden bei ihren großen Ambitionen zu unterstützen – sei es beim Thema autonomes Fahren, IoT und Konnektivität, künstliche Intelligenz, Big Data oder Cybersecurity. Acht Milliarden Bahnreisende profitieren jedes Jahr von unseren Technologien.“


red

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