Montagefehler am Radsatzlager war Ursache für Bahnunfall im Mai 2014

Im Mai 2014 kam es kurz vor dem Bahnhof Neumünster zu einer Kollision, bei der ein Personenzug mit Anlagen der Leit- und Sicherungstechnik (LST) zusammenstieß. Entgleist war der Zug damals nicht. Laut dem nun veröffentlichten Untersuchungsbericht der Bundesstelle für Eisenbahnunfalluntersuchung (BEU) wurde der Unfall durch einen Montagefehler verursacht. Es entstand ein Sachschaden in Höhe von insgesamt 85.000 Euro. Verletzt wurde niemand.


Quelle: BEU

Am 25. Mai 2014 verkehrte Reisezug DPN 81869 auf der Bahnstrecke Neumünster – Heide(Holst) – Büsum. Bei der planmäßigen Ankunft des Zuges im Bahnhof Neumünster um 16:25 Uhr informierte ein Mitarbeiter der DB Netz AG den Triebfahrzeugführer über eine starke Rauchentwicklung am Radsatz. Nach einer erfolgreichen Brandbekämpfung wurde ein abgetrennter Wellenschenkel am Rad 1R festgestellt. Laut dem Untersuchungsbericht der Unfallgutachter war das Fahrzeug aufgrund des Schadens zuvor mit sicherungstechnischen Einrichtungen, wie Schienenkontakten und PZB-Magneten am Gleis kollidiert und hatte diese stark beschädigt. Die erste Kollision erfolgte bei Bahnkilometer 1,535 mit dem PZB-Magneten am Überwachungssignal des Bahnübergangs (BÜ) Carlstraße vor der Einfahrt in den Bahnhof Neumünster. Nach der Schadensanalyse an Hand der Unfallspuren ist laut Bericht davon auszugehen, dass der Fahrzeugschaden, der zur Kollision mit den LST-Anlagen führte, nach der Abfahrt aus dem Bahnhof Büsum entstand. Das Fahrzeug war nicht entgleist und wurde nach dem Ereignis zum Betriebsbahnhof nach Neumünster Süd überführt.

Die Störung am Fahrzeug wurde dem Untersuchungsbericht zufolge durch einen Montagefehler der Druckkappenverschraubung verursacht, der zu einem Heißläufer in Verbindung mit einem Abscheren eines Teils des Wellenschenkels am in Fahrtrichtung letzten Radsatz des Dieseltriebwagens VT 2.77, der Baureihe 648.4, führte. Trotz der Kenntnis eines möglichen Montagefehlers an der Druckkappenverschraubung der Radsatzlager, wurde der Fahrzeughalter bzw. Fahrzeugbetreiber durch den Fahrzeughersteller nicht informiert, schreiben die Gutachter.

Auswertung und Schlussfolgerungen

Der Untersuchungsbericht der BEU kommt zu folgendem Ergebnis: „Ausgelöst wurde der Lagerschaden offenbar durch einen Montagefehler beim Zusammenbauen der Lager im Rahmen der Erstmontage durch den Radsatzlagerhersteller (unzureichende Vorspannung der Druckkappe). Vermutlich waren die Innenringe des Lagers nicht weit genug auf die Radsatzwelle nach innen gepresst, sodass sich die Druckkappe auf die nur kraftschlüssig sitzenden Innenringe abgestützt hat (der finale Setzschlag wurde nicht oder unzureichend ausgeführt). Durch die Betriebsbelastungen verschoben sich in der Folge die Innenringe bis in die korrekte Position und die Druckkappenverschraubung verlor die für die Schraubensicherung notwendige Vorspannung. Aufgrund der verminderten Vorspannung war es in der Folge möglich, dass sich die Schrauben der Druckkappe vollständig aus den Gewindebohrungen des Wellenkopfes lösen konnten. Bedingt durch den Kontakt der gelösten Druckkappenschrauben mit dem Lagerdeckel kam es zu einer Relativbewegung zwischen der Druckkappe und der Bordscheibe sowie zwischen der Bordscheibe und dem Innenring des äußeren Lagers. Die lokale Hitzeeinwirkung führte zu Brandrissen und damit zu einer Zerstörung der Bordscheibe und des Innenrings. In der Folge wurde das verbliebene innere Lager durch Überlastung und folgender Überhitzung zerstört.“

Derartige Montagefehler waren dem Fahrzeughersteller Alstom laut Untersuchungsbericht seit 2012 bekannt, woraufhin eine Überprüfung der Lint 41-Unterbaureihen 648.3 und 648.4 veranlasst wurde. Diese Überprüfungsaufforderung sollte an alle Betreiber dieser Fahrzeuge gehen. Hierbei wurde, so die Gutachter, die Nordbahn Eisenbahngesellschaft mbH & Co. KG, die den Unfallzug als einziges Fahrzeug im Bestand führte, nicht mit einbezogen. Alstom erklärte sich den Fehler mit der separaten Projektstruktur und den räumlich getrennten Einsatzorten.

Um ähnliche Probleme auszuschließen, wurden infolge des Unfalls alle Radsätze des Unfallfahrzeugs ausgetauscht. Außerdem wurden alle anderen Fahrzeuge gleichen Typs nochmals überprüft.

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red/BEU

Titelfoto/Quelle: BEU