Konzernbetriebsrat der DB AG: „Politik muss Worten endlich Taten folgen lassen“

Laut Konzernbetriebsrat der DB AG bekommen die rund 200.000 Mitarbeiter der Deutschen Bahn AG in Deutschland täglich zu spüren, was bei der Bahn läuft und was nicht: Trotz erfolgreicher Rekrutierungsmaßnahmen gebe es noch immer zu wenig geschultes Personal, zu wenig rollendes Material, fehlende Kapazitäten im Netz sowie eine veraltete und störanfällige Infrastruktur.


Pressemitteilung des Konzernbetriebsrats der Deutschen Bahn AG:

„In der Koalitionsvereinbarung stehen sehr viele, sehr richtige Maßnahmen. Die Politik muss jetzt liefern und ihren Worten endlich Taten folgen lassen. Denn lange lassen sich die Beschäftigen der DB AG nicht mehr zum Sündenbock für eine verfehlte Politik machen“, sagt der Vorsitzende des Konzernbetriebsrates der Deutschen Bahn AG (KBR DB AG), Jens Schwarz. Die Mitarbeiter bekommen den Frust der Fahrgäste ab, wenn Züge unpünktlich fahren oder den Ärger der Spediteure, wenn die Güter verspätet ankommen. „Die Eisenbahner sind frustriert. Beim Eigentümer in Berlin müssen endlich die richtigen Weichen gestellt werden“, erklärt Jens Schwarz in einem Pressegespräch im Bahntower in Berlin.

Grundsätzlich begrüßte der KBR DB AG die Rekrutierung von jeweils 23.000 neuen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern in den Jahren 2018 und 2019. Das „einsatzfähige Personal“ ist aber die kritische Größe, die es zu beachten gilt. Der Abbau von Überstunden, Entlastung der Kollegen insgesamt und verlässliche Vertreterreglungen sind zusätzlich nötig.

Die Infrastruktur zu erhalten, zu modernisieren, zu digitalisieren und auszubauen, ist mit den derzeit zur Verfügung stehenden Mitteln nicht möglich. Wer es ernst damit meint, dass die Schiene ein Verkehrsmittel der Zukunft ist, der muss die Deutsche Bahn AG jetzt und in den kommenden Jahren finanziell entsprechend ausstatten. „Der Eigentümer steht hier in der Verantwortung“, sagt Jens Schwarz.

Der Vorsitzende des Gesamtbetriebsrates der DB Netz AG, Veit Sobek, ergänzte: „Wir brauchen eine Leistungs- und Finanzierungsvereinbarung (LuFV) III, die einerseits Sorge dafür trägt, dass das Netz in allen Gewerken nicht noch älter wird. Daneben müssen vom Eigentümer ausreichend finanzielle Ressourcen für geplante und notwendige Sonderprogramme zur Verfügung gestellt und gleichzeitig dafür gesorgt werden, dass der in den letzten 25 Jahren angewachsene immense Investitionsrückstau in Höhe von 57 Milliarden Euro in der Infrastruktur kontinuierlich abgebaut wird. Gleichzeitig muss der beschlossene Bundesverkehrswegeplan 2030, der heute ebenfalls gravierend unterfinanziert ist, zeitnah auskömmlich finanziert und umgesetzt werden. Nur so kann der Deutschlandtakt bis 2030 eingeführt und die hierzu erforderlichen Kapazitäten im Netz sichergestellt werden. Zahlreiche weitere Maßnahmen zur Kapazitätssteigerung, die im Zwischenbericht des Zukunftsbündnisses Schiene des BMVI im „Arbeitspaket 2“ unter unserer Mitarbeit benannt wurden, müssen zudem zügig angegangen und finanziert werden. Dies ist erforderlich, um ein verlässliches Netz mit ausreichend Kapazitäten zu schaffen, auch damit die Bahn in Deutschland ihre Rolle als umweltschonendes Verkehrsmittel mit hoher Qualität wahrnehmen kann. Entscheidend wird dabei letztlich die Digitalisierung der Infrastruktur mit „Digitalen Stellwerken“ und dem europäischen Sicherungssystem ETCS (European Train Control System) sein. Aber auch hier ist die Finanzierung noch nicht gesichert.“

Auch Jörg Hensel, Vorsitzender des Gesamtbetriebsrates der DB Cargo AG, forderte die Politik auf, endlich zu handeln: „Die Maßnahmen aus dem Zukunftsbündnis Schiene, die nun von der Branche und dem Bundesverkehrsministerium erarbeitet wurden, sind ein erster Schritt, deren Umsetzung zügig folgen sollte. Nichtsdestotrotz bedarf es weiterer verkehrslenkender Maßnahmen, um dem klimafreundlichen Schienengüterverkehr den Stellenwert einzuräumen, den er verdient hat. Die Verlagerung von Gütern auf die Schiene gelingt nur, wenn verkehrslenkende Maßnahmen zu Gunsten der umweltfreundlichen Schiene verankert werden. Wir haben gut ausgebildete und motivierte Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, die in einem erfolgreichen Unternehmen arbeiten wollen. Sie haben es verdient.“

Die Probleme und Herausforderungen sind in allen Geschäftsfeldern sichtbar. Die Deutsche Bahn braucht jetzt eine langfristige, zukunftsorientierte Fahrzeugstrategie sowie eine ganzheitliche Werkestrategie, die auch geplante Verkehrssteigerungen berücksichtigt. Im Schienengüterverkehr und bei DB Cargo sind auch nach Halbierung der Trassenpreise große Probleme im Bereich Pünktlichkeit und Qualität zu verzeichnen. Gründe dafür sind: zu wenig rollendes Material, nicht genügend ausgebildete Mitarbeiter, wie z.B. Triebfahrzeugführer und infrastrukturelle Probleme.

Um auch die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in den aktuell laufenden Prozess einzubinden, hat der Konzernbetriebsrat der DB AG die interne Kampagne „Meine Bahn 2030“ gestartet. Damit ist ein interner Dialog angestoßen, der die Kolleginnen und Kollegen einerseits informieren soll und andererseits Raum gibt, eigene Ideen und Vorschläge einzubringen bzw. auf Probleme und Missstände hinzuweisen. Der kontinuierliche Dialog hat bereits zu einer lebhaften Diskussion geführt. „Nur wenn alle Beteiligten innerhalb der nächsten Monate die richtigen Weichenstellungen vornehmen, hat das System Schiene in Deutschland noch eine Zukunft“, sagt der Vorsitzende des Konzernbetriebsrates.


Titelfoto: DB AG / Volker Emersleben